Soziologie, Medientheorie
-
Prof. Dr. Marc Ries
T +49 (0)69.800 59-214
Hauptgebäude, Raum 303
Doktorandinnen
Manuel Ahnemüller
Dr. (des.) Deborah Enzmann
Doppelpunkt, Bindestrich, Klammer- Eine zeichen- und kulturtheoretische Untersuchung
Ornella Fieres
Das okkulte Digitale Phänomene des Okkulten in der Digitalkultur und Gegenwartskunst
Falk Haberkorn
Versuch über die Geste des Fotografierens
Margret Hoppe
Annie Kurz
Patrick Raddatz
Julia Rommel
Ubiquität – Raumkonstitution im Kontext von Informations- und Kommunikationstechnologien
Marian Rupp
Figurale Fabulation Grafische Philosophie und die Verschränkung von Materie und Bedeutung
Mathias Windelberg
Carsten Wolff
Willy Fleckhaus und der kühl kalkulierte Rausch der Farben
Christine Würmell
Informationen zur Promotion
Die beiden Disziplinen Soziologie und Theorie der Medien werden gemeinsam gelehrt, sie werden als eine Art Hybrid aufgefasst. Die gesellschaftstheoretischen und medientheoretischen Fragen reflektieren sich gegenseitig, sie präzisieren sich in der Analyse reziprok relevanter Gegenstandsbereiche. Die Ausbildung von Sozialem, von Gesellschaft, kann aus bestimmten Konstruktionen und Evidenzerfahrungen sinnlich-ästhetischer bzw. medialer Wirklichkeiten nachvollzogen werden. Und die apparativen, medialen Logiken werden im Blick auf bestimmte gesellschaftliche Transformationsprozesse allererst begreifbar. Dabei wird stets vorausgesetzt, dass mediale und soziale Erfahrungen in einer begrifflichen Erfahrung – als ihre notwendige Korrespondenz in der Analyse – im und als Studium eine Fortsetzung finden. Gestaltungspraxen und (ihre) Theorien werden nicht als verschieden oder hierarchisch aufeinander bezogen verstanden, sondern als sich wechselseitig bedingende. Anders gesagt: Denken ist das den Gestaltungen, dem ästhetischen Inhalt und seiner Form, und den Theorien, dem begrifflichen Inhalt und seiner Form, gemeinsame. Es gilt, ihre Kulminationspunkte aufzufinden und darstellbar zu machen.
1. Ausgehend von bestimmten allseits zu beobachtenden Phänomenen und Handlungsweisen der Massenmedien – etwa der ubiquitär eingesetzte Studioraum, das in neuen Medien wiedererfrischt auftretende Porträtbild, das in Fernsehserien und Online-Foren praktizierte neue und expandierende Erzählen – und der Gesellschaft – das Wohnen, die Institutionen, Affektpolitiken – werden in einer Art »Parallelaktion« (Musil) diese einzelnen Fälle fokussiert: An ihnen wird zugleich eine Phänomen- und Technikanalyse erprobt und wird in wirkmächtige Theorien eingeführt, diese zu bestimmten Eigenschaften der Fälle in Beziehung gesetzt. Diese Vorgangsweise kann methodisch als Ausformung spekulativer Symmetrien zwischen Empirie/Erfahrung und Theorie/Denken verstanden werden, die sich der Ausbildung einer theoretischen Assoziationskraft der Teilnehmenden zuwenden. Das Spektrum der einbezogenen Theorien ist offen.
Die langjährige Beschäftigung mit Medientheorie hat gezeigt, dass diese eine in hohem Maße parasitäre Struktur aufweist, sie erst in direkter Bezugnahme auf andere Disziplinen ihren wissenschaftlichen Eigensinn gewinnt. Daher ist es notwendig, ein weitläufiges geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliches Theoriegemenge zu berücksichtigen. Zudem hat sich die Soziologie in ihrer kurzen Lebenszeit in unterschiedliche – teils miteinander konkurrierende – Schulen, Strömungen ausdifferenziert, deren genaue Wahrnehmung und intellektuelle Aneignung den gesellschaftlichen Körper umso attraktiver erscheinen lassen.Im Seminarraum wird das ästhetische und semantische Ausdruckspotenzial medialer und sozialer Phänomene gleichberechtigt zur Theorierezeption dargestellt, eine bloß illustrativ-exemplarische Projektion wird vermieden, die Konzentration auf die primär-sinnliche Wahrnehmung der jeweiligen Medialitäten und Phänomenalitäten forciert.
2. Die angewandte Methode zur Analyse der Medien unterscheidet zwischen der Eigenlogik des jeweiligen Phänomens/Mediums, seiner Medialität – darunter ist die dem Medium singuläre Arbeitsweise zu verstehen, die eben auch singuläre mediale Phänomene hervorzubringen in der Lage ist –, der System- und Machtlogik, die vom Staat, der Ökonomie ausgehend auf die mediale Eigenlogik zugreift und sie versucht für ihre Zwecke zu nutzen, und der Begehrenslogik, jene Begehrensformen, die die Zuschauer, die Verwender und Benutzer der Medien ausbilden und auf die mediale Eigenlogik direkt anzuwenden verstehen.


Mit diesem Modell lassen sich unterschiedliche Medienphänomene in ihrer oftmals komplexen historischen Ausdifferenzierung und Anwendung auf Theorielandschaften übertragen, die selber wiederum diesem Modell zusprechen
3. Das Pflichtseminar im Grundstudium führt ausgehend von dieser Struktur problemorientiert in Geschichte und Systeme der Theorien bürgerlicher Gesellschaft und ihrer Medien ein. Das Wahlpflichtfach im Grundstudium variiert seine Themen entlang aktueller krisenhafter, irritierender Entwicklungen und konzentriert sich auf ein Theoriesegment. Das Seminar im Hauptstudium ist jeweils einem Forschungsfeld gewidmet und radikalisiert die oben vorgestellten »spekulativen Symmetrien« in ungeschützte, daher offen-experimentelle Zonen hinein.
Im Kontext einer Kunsthochschule scheint die kontinuierliche Darstellung der eigenen »gelebten« Forschung sinnvoll, um Analogien zum künstlerisch-gestalterischen Forschen für die Teilnehmenden zu ermöglichen. Das Seminar ist komponiert aus Vorlesungssegmenten, Erfahrungsaustausch und Debatten. Ein gewichtiges Anliegen ist es, die klassische Seminarstruktur und auch Vorlesungsstruktur aufzubrechen zugunsten einer prozessorientierten Darstellung der Themen, aufgefächert in »Ding«-, Bild- und Musikanalysen, gemeinsamen Textlektüren, Impulsbeiträgen, Selbstbefragungen der Teilnehmer/ innen und Streitgesprächen. Es gilt, den Studierenden unterschiedliche Denkzugänge zu einem Phänomen zu eröffnen, die Lust am Ausprobieren gegensätzlicher Argumentationsfiguren zu fördern, die Erfahrung einer fragenden »theoretischen Neugierde« zu initiieren. Zudem sollen Gesellschaft und Massenmedien »als Material und Inspirationsquelle, als Feld sozialer Phantasie und eigensinniger ästhetischer Verwandlungen« (Niebuhr) im kreativen Raum der HfG vermittelt werden.