Neuberufung: Prof. Dr. Martina Heßler

vor 18 Jahren
Hessler bild

Pressemitteilung [26.04.2006]


Neuberufung zum Sommersemester 2006:
Prof. Dr. Martina Heßler / Lehrgebiet Kultur- und Technikgeschichte

Die technologische Kultur und die neuen, massiven Technisierungsschübe des beginnenden 21. Jahrhundert konfrontieren uns mit Herausforderungen, die tief in unsere Lebenswelt eingreifen. An Schärfe sind die Einschnitte und Veränderungen mit denen zur Zeit der Industrialisierung durchaus vergleichbar. Dass dabei die Entwicklung ganz neuer Materialien und neuer Technologien vor allem die Welt der Dinge, die uns umgeben, verändern, ist offensichtlich. Dinge werden nicht nur technisch hergestellt, sie sind zunehmend auch selbst hoch technisiert.

Für ein Verständnis aktueller Technisierungsprozesse und ihrer Konsequenzen für unserer Kultur, unsere Lebens- und Arbeitswelt, aber auch für unser Körperverständnis, ja sogar ganz grundsätzlich für das „Menschsein“ ist die Beschäftigung mit Kultur- und Techniktheorien sowie mit empirischen Studien zur Gegenwartsgesellschaft unerlässlich. Neue Technologien bestimmen unser Verhalten, unsere Beziehungen und Interaktionen, sie entgrenzen unseren Leib und unsere Identitäten, sie verändern Wahrnehmung und Präferenzen, so dass ihre Dynamik einer permanenten kritischen Reflexion unterzogen werden muss. Dazu bedarf es im besonderen Maße eines Bewusstseins ihrer Geschichtlichkeit.

Ab dem Sommersemester wird Frau Prof. Dr. Martina Heßler den Bereich „Kultur und Technikgeschichte” im Fachbereich Produktgestaltung an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach vertreten. Durch sie wird die Produktgestaltung in einem erweiterten, wissenschaftlichen Kontext von Kultur und Technik reflektiert, analysiert und dargestellt.

Martina Heßler studierte an der Technischen Universität Darmstadt Neuere Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft. Sie beendete das Studium 1996 mit einer Magisterarbeit im Fach Politikwissenschaft zum Thema Sozialsponsoring als Instrument der Kommunalpolitik. Die Arbeit wurde mit zwei Preisen (der TU Darmstadt sowie der Stiftung der deutschen Städte) ausgezeichnet.

Nach dem Studium wechselte sie in die Geschichtswissenschaft. Ihre derzeitigen Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte von Wissenschaft und Technik, Verwissenschaftlichungsprozesse im 20. Jahrhundert, Konsumgeschichte, Stadtgeschichte sowie die Geschichte und Theorie von Bildern. Dabei ist ihr die Offenheit für kreative Potentiale interdisziplinären Arbeitens ein zentrales Anliegen. Thematisch geht es in ihren Forschungen vor allem darum, die konstitutive Bedeutung von Wissenschaft und Technik für die Moderne aufzuzeigen und zu analysieren. Sie unterrichtete an verschiedenen Hochschulen, so an der TU Darmstadt, der TU München, der Universität Potsdam sowie der RWTH Aachen.

Die Promotion erfolgte an der TU Darmstadt im Fach Geschichtswissenschaft. Während dieser Zeit war sie als Redakteurin der Rezensionszeitschrift „Neue Politische Literatur“ tätig. Gleichzeitig war sie Kollegiatin am interdisziplinären Graduiertenkolleg „Technisierung und Gesellschaft“. Die Promotion Mrs. Modern Women. Zur Sozial- und Kulturgeschichte der Haushaltstechnisierung, die im Kontext des Graduiertenkollegs geschrieben wurde, beschäftigte sich mit der Technisierung des Privaten, genauer des Haushalts. Die Technisierung der häuslichen Sphäre wurde in ihren eigenen Logiken untersucht und dabei vor allem das Bild eines sich automatisch und linear vollziehenden Technisierungsprozesses hinterfragt. Martina Heßler beendete ihre Promotion im Jahr 2000 mit einem Forschungsstipendium des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz.

Nach einem Postdoc-Stipendium an der Universität Bielefeld wechselte sie 2001 an das Münchner Zentrum für Wissenschafts- und Technikgeschichte. Als Mitglied der DFG-Forschergruppe „Wechselwirkung zwischen Wissenschaft und Technik im 20. Jahrhundert“ bearbeitete sie ein Projekt zum Verhältnis von Stadt und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Das Projekt verband die Geschichte von Wissenschaft und Technologie mit der Geschichte der Stadt und einer Geschichte der Wissenschafts- und Technikkritik. Das Projekt untersuchte drei exemplarische Wissenschaftsorte am Rande Münchens: Garching und Martinsried sowie die so genannte „Entlastungsstadt“ Neuperlach und nahm damit gleichzeitig drei Schlüsseltechnologien in den Blick, nämlich Atomphysik, Biotechnologie und Mikroelektronik, deren historische Entwicklung, ihre räumliche Struktur und ihr Verhältnis zur Stadt untersucht wurden. Ein besonders Augenmerk galt dabei dem Konzept der „kreativen Milieus“, die technisch-ökonomische Innovationen hervorbringen sollen.

Im Jahr 2003 wechselte Martina Heßler an das Historische Institut der RWTH Aachen, wo das in München begonnene Projekt als Habilitationsschrift unter dem Titel „Das Städtische als Metapher. Zum Verhältnis von Stadt und Wissenschaft im 20. Jahrhundert“ eingereicht wurde. Das Habilitationsverfahren wurde im Januar 2006 abgeschlossen, eine Publikation ist in Vorbereitung.

Schließlich beantragte sie zugleich, gemeinsam mit Jochen Hennig (Humboldt-Universität Berlin) und Dieter Mersch (Universität Potsdam) ein BMBF-Projekt zu „Visualisierungen in der Wissenskommunikation“. Damit vertiefte sie ein bereits während der Dissertation entstandenes Interesse an Bildern und ihrer Geschichte und Theorie. Das auf drei Jahre angelegte Projekt widmet sich vor allem der Frage der „digitalen Zäsur“ in den Wissenschaften und ihrer Bildproduktion. Die zugrunde liegenden Fallstudien sind Nanotechnologie und Astronomie.