memories I don’t have
Einzelausstellung von HfG-Studentin Johanna Schlegel
Unzählige Farbpartikel lösen sich und gleiten über die glatte Oberfläche des weißen Fotopapiers. Ihre ursprünglichen Plätze sind dafür bestimmt gewesen, das fotografische Abbild eines Menschen oder einer Landschaft zu erzeugen. Frisch entronnen suchen sie nun nach einem anderen Ort, der sie festhält. Miteinander verhakt zu noch nicht dagewesenen Verdichtungen, schaffen die Farbkristalle in ihrer jetzigen Zusammenkunft etwas Neues. Das Bild von einst ist von uns gewichen und damit gleicht es einem Erlebnis, das weit hinter uns liegt – so weit, dass die Erinnerung daran abhandengekommen ist.
Wenn Johanna Schlegel Fotoabzüge für ihre Bildbearbeitungen verwendet, greift sie radikal in das anfänglich vorliegende Motiv ein. Seien es Portraits, Urlaubsdias oder beiläufige Schnappschüsse einer Geburtstagsfeier – das Material für ihre Werkserie mit dem Titel memories I don’t have entnimmt die Künstlerin dem familieneigenen Fotoarchiv. Ausgewählte Bilder aus Erinnerungsalben werden großformatig reproduziert und mit chemischen Lösungen feinneblig besprüht. Die bildkonstituierenden Farbteilchen baden somit im toxischen Nass, bis die Flüssigkeit verdunstet ist und eine raue Patina zurückbleibt. Im wiederholten Prozess dieser Oberflächenbehandlung verfremdet Schlegel die menschlichen Gestalten auf den Fotos, denen sie selbst angehört. Die Figuren werden zunehmend unkenntlich und transformieren sich in ein abstraktes Erscheinungsbild.
Text: Philipp Lange
Eröffnung
19. Februar 2023, ab 12 Uhr
Öffnungszeiten
Di–Fr + So 10–18 Uhr; Sa 14–18 Uhr
SCHLEUSE, Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim
Ludwig-Dörfler-Allee 9, 65428 Rüsselsheim