Rike Zöllner

Zeitgenössische Kostümdramaturgien: zwischen Bild und Ereignis

Fachbereich Kunst

Abstract

Kostüme sind mal mehr, mal weniger wahrnehmbar, stets dem Körper verbunden. So prägen sie unseren ersten Eindruck einer Aufführung, und erhalten trotz dieser Zentralstellung nur wenig kritische Beachtung. Oft werden sie in handwerklichen oder historischen Kontexten beleuchtet, oder, laut Rachel Hann, als „symptom of bodily representation“ reduziert. Doch immer mehr zeitgenössische Wissenschaftler:innen, so z.B. Aoife Monks, Donatella Barbieri, Susanne Stehle oder Christina Lindgren beschäftigen sich mit Kostümen als interdisziplinarem Wisschenschaftsgegenstand der Materialität und Körperlichkeit verbindet, und begleiten damit ein wachsendes Interesse an Kostüm als Disziplin, die ihre Nähe zu Szenografie, Kleidung aber auch zur Mode neu verhandelt. 

In diesem Kontext entstehen seit einiger Zeit immer wieder Performances in denen das Kostüm als Ausgangspunkt und Kernelement behandelt wird. Solche sog. costume-led performances lassen Kostüme über die bildlichen, schmückenden und verkleidenden Funktionen heraustreten, theatrale Figuren werden als Maskerade bespielt, Körper und/oder Identitäten bleiben sichtbar, unverkleidet, und werden von Kostümen provoziert. So wird Kostüm zu einem eigenständigen Performanceelement, das etablierte Hierarchien zwischen Kleid, Körper, Raum und Zeit (u.a.) immer wieder neu auslotet und destabilisiert. Dem Modekörper nicht unähnlich, tritt  Kostüm als Phänomen auf, das aus im theatralen Kontext materiell und konzeptuell aktivierten Kostümobjekten entsteht. Dieses Kostüm schafft Ereignisse statt Bilder, es rückt Prozesse in den Vordergrund und birgt so eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten. Die Anbindung an den Körper wird verhandelt und wirft Fragen zu Identität, Körperbildern und Rollengefügen auf, die wiederum weitreichende soziale als auch politische Bedeutung annehmen können. Künstler:innen wie z.B. Lia Rodrigues oder Trajal Harrel ziehen in ihren Arbeiten aus einzelnen Kostümereignissen dramaturgische Impulse und setzen diese in einen politischen Kontext. 

Meine Dissertation definiert und untersucht den Begriff von Kostümdramaturgie im zeitgenössischen Kontext aber immer mit Rückblick auf Vorläufer: wie entstehen kostümdramaturgische Prozesse, wie lassen sie sich bewerten aber auch situieren?  Wie können Kostüme nicht nur auf visueller Ebene kommunizieren, sondern als bespielte, interaktive Elemente ihre multi-sensorische und multidimensionale Kraft dramaturgisch nutzen? Welche Bedeutung haben Kostümdramaturgien als (soziale) Praxis im gesellschaftlichen Umfeld? 

Der praktische Teil untersucht, inwieweit Kostümdramaturgien auch mit der treibenden Kraft von Text ko-existieren können und costume-led performances sich so der Herausforderung stellen, mehr als nur die technischen Funktionen von Kostümen zu inszenieren. (https://flabfestival.com/#undefined) 

Die Anbindung an den Körper ist keine Schwäche des Kostüms sondern das Potenzial: sie verankert zeitgenössische Kostümdramaturgien in einem sozialen Kontext und erlaubt dem Kostüm sein szenografische Wirksamkeit, Handlungsfähigkeit, bildliche Macht und multisensorischen Möglichkeiten dramaturgisch zu entfalten.

​Betreuung Theorie: Prof. Dr. Christian Janecke

Betreuung Praxis: Prof. Heike Schuppelius

Vita

Rike Zöllner arbeitet seit über zehn Jahren als freischaffende Kostümbildnerin in den Bereichen Tanz, Performance und Oper europaweit. Sie hat in Großbritannien Kostümbild (MA) studiert, sowie in Frankreich Literatur- und Theaterwissenschaften (BA). 2019 erhielt sie den Honorary Associate Titel des Royal Welsh College Of Music And Drama. Vergangene Projekte u.a. am Royal Opera House London, Malmö Opera sowie mit Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Seit Oktober 2022 arbeitet Rike Zöllner als Wissenschaftliche Mitarbeit im Fachbereich Kunstgeschichte.

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private

Out of the spotlight: seven of dance's hottest hidden talents

https://www.theguardian.com/stage/2023/jan/31/dance-hottest-talents

Projekte

Auswahl

New Piece I / Seit Sie Dimitris Papaioannou for Tanztheater Wuppertal Pina Bausch (Mitarbeit, mit Thanos Papastergiou)

The Lost Thing Ben Wright, Royal Opera House and Candoco Dance Company

Hot Mess Theo Clinkard, Candoco Dance Company 

Ludo Caroline Finn, NDCWales

Sarabande Sasha Amaya, Sophiensaele Berlin

Sick Bed Series Zinzi Buchanan, Fayer Koch, LOFFT Leipzig

This Bright Field Theo Clinkard, Brighton Dome Brighton Festival 

Belonging by Ben Wright, Skanes Dansteater at Malmö Opera House

Ritualia Colette Sadler, Scottish Dance Theatre 

Wild Thoughts, Andrea Costanzo Martini, NDCWales

Across The Souvenirs Alesandra Seutin, Dance Umbrella London

Neue Stücke 2015 by Tim Etchells, Theo Clinkard and  Francois Chaignaud & Cecilia Bengolea, Tanztheater Wuppertal Pina Bausch 

Furl Eleesha Drennan, National Youth Dance Wales

Tablemanners Tony Adigun, AvantGarde Dance 

Alice In Wonderland Corinna Jarosch, Operahouse Wuppertal

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10 alesandra seutin out of the system dance umbrella 2017 credit pari naderi
07 photo by julian mommert neues stueck i seit sie   ein stueck von dimitiris papaioannou 20180504 jcm 7981
Ritualia 5226 lo1
Ludo  by caroline finn at ndcw  photo by mark douet 650a1910
Stephen wright photography hot mess 38
Sick dreams fotos johanna baschke  4
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