Anoushirvan Masoudi
Eine Gegen-Visualität: Bootleg-Ästhetik und Amateur-Visuelle Kulturen im postrevolutionären Iran
Fachbereich Kunst
Dieses praxisbasierte Promotionsprojekt untersucht die Entstehung einer Gegen-Visualität durch unterirdische, amateurhafte Videopraktiken im postrevolutionären Iran. In einem Umfeld, in dem das visuelle System des Staates die öffentliche Bildkultur neu geformt und eine bereinigte, heteronormative Darstellung von Körpern und Geschlechterrollen durchgesetzt hat, entwickelten sich privat produzierte Amateurvideos – fragmentiert, von Störungen durchzogen und haptisch reich – zu einem kritischen Raum des Widerstands.
Die Forschung konzentriert sich auf die spezifische Bootleg-Ästhetik und haptische Visualität dieser Untergrundarchive, die durch minderwertige Aufnahmetechnologien (VHS, VCD) geprägt und durch wiederholtes Kopieren, Transformieren und Zirkulieren intensiviert wurden. Visuelle „Fehler“ wie Störungen, Rauschen und Verzerrungen gelten hier nicht als technische Mängel, sondern als grundlegende ästhetische und politische Marker, die der glatten, polierten Bildsprache der staatlichen Medien trotzen.
Der künstlerische Teil der Dissertation manifestiert sich in einer Videoinstallation, basierend auf einem persönlichen Archiv aus Amateur-Heimvideos, und Untergrundaufnahmen. Diese fragmentierten privaten Bilder, im Kontrast zu den visuellen Codes des iranischen Staatsfernsehens, schaffen eine erfahrbare Landschaft, in der die Betrachtenden zwischen Präsenz und Abwesenheit, Sichtbarkeit und Unterdrückung navigieren. Die Installation experimentiert mit der Spannung zwischen Bootleg-Ästhetik und der ästhetischen Grammatik des Regimes und schlägt eine hybride visuelle Erzählweise vor, die unterdrückte Erinnerungen und Körper zurückerobert.
Durch die Untersuchung der Materialität von Medienformaten und der affektiven Kraft schlechter Bilder leistet das Projekt einen Beitrag zu Debatten der visuellen Kultur, Geschlechterpolitik und Medienarchäologie und bietet neue Einsichten in subalterne Modi des Sehens, Erzählens und Widerstehens.
Betreuerin: Prof. Dr. Olga Moskatova